Städte bieten uns Schutz: einst Schutz vor einer gefährlichen Natur und marodierenden Banden, die sich im abgelegenen Weiler nahmen, was sie wollten, auf dem Weg von Krieg zu Krieg. Heute bietet die Stadt uns Schutz in der Anonymität, wenn wir der sozialen Kontrolle überschaubarer Gemeinschaften entkommen wollen, und sie hilft uns, unsere Bedürfnisse sofort befriedigen zu können - es ist alles reichlich da und der Spätkauf hat immer auf. Städte sind gebaute scheiternde Utopien; wir können viel lernen, wenn wir sie durch die Augen unserer Werkzeuge betrachten.
Das Häuschen im Grünen, am besten am Stadtrand, ist nachwievor der Traum von vielen und die gelebte Wirklichkeit von einem Drittel aller Haushalte in Deutschland - Tendenz steigend. Mehr muss nicht über den Flächenbrand der aktuellen Wohnungs- und Stadtentwicklung geschrieben werden - dass immer mehr Menschen sogar auch ohne das Grüne ums Häuschen auskommen und sich stattdessen biologisch tote, aber dafür pflegeleichte Steingärten anlegen ist hierzu allenfalls eine Randnotiz. Währenddessen stehen individuellen
irgendwo im schmucken Einfamilienhaus und werden einmal im Jahr abgestaubt.
Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person hat sich in den vergangenen 50 Jahren mehr als verdoppelt. Während eine Person 1965 im Schnitt 22,1 qm bewohnt hat, sind es 2017 bereits 46,5 qm. Die zunehmende Spekulation mit Immobilien ist sicherlich der Hauptgrund für die kontinuierlich steigenden Mietpreise, jedoch ist es auch der Anspruch als Einzelperson über immer mehr Fläche zu verfügen. Der Ruf nach mehr Wohnraum ist damit auch der Ruf nach
, sprich viel mehr Häuser und größere Wohnungen für immer weniger Menschen pro Wohnung bauen. Andere Formen des Zusammenwohnens und eine bedarfsorientierte Wohnraumverteilung kommen damit gar nicht erst zur Sprache.
Die 1,2 Millionen Autos in Berlin werden durchschnittlich etwa 30 Minuten pro Tag gefahren und für die restlichen 23,5 Stunden stehen sie rum. Jedes Mal wenn ein Auto auf einem der gut 2 Millionen Parkplätze im öffentlichen Raum abgestellt wird, zündet ein
, denn schließlich können sie 19 % der gesamten Verkehrsfläche kostenfrei nutzen. Radfahrer_innen können an solch einen Anteil nicht denken, denn ihnen stehen lediglich 3 % der Verkehrsfläche zur Verfügung während Wohnungssuchende von einem Mietpreis in Höhe von 0 Euro pro Quadratmeter nur träumen.
Unterkünfte bieten einen gewissen Schutz vor Sonne, Wind, Kälte, Regen und wilden Tieren. Manche Wohnungen bieten darüber hinaus noch andere Annehmlichkeiten wie fließendes Wasser, eine gute Verkehrsanbindung, schnelles Internet oder Strom. Allein für die Stromversorgung in Berlin müssen wir es hinnehmen, dass die
für jeden Menschen fester geschnürt wird, denn nur durch den Aufbau, Betrieb und Unterhalt eines 35.088 km langen Stromleitungsnetzes mit 79 Umspannwerken, etwa 11.000 Transformatorenstationen und gut 16.700 Kabelverteilerschränke ist es möglich, das scheinbare Grundbedürfnis nach Strom aller Menschen in Berlin zu stillen. Für das echte Grundbedürfnis nach Wasser ist ein 7.816 km langes Wasserleitungsnetz mit 69.300 Hydranten nötig.
Anfang der 2000er verwendete die “militante gruppe” (mg) in ihren Bekennerschreiben für terroristische Brandanschläge die Begriffe Gentrifizierung und Prekarisierung. Durch eine einfache Internetrecherche findet die Bundesanwaltschaft heraus, dass Dr. Andrej Holm, ein Stadtsoziologe der Humboldt-Universität, ebenfalls diese Begriffe benutzt. Auf Grund dessen nimmt im September 2006 die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Andrej Holm auf. Über mehrere Monate wird er beschattet, seine Telefonate abgehört, Emails mitgelesen und schließlich wird er im Juli 2007 von einem Sondereinsatzkommando festgenommen und für drei Wochen in Untersuchungshaft gesteckt. Im Oktober 2007 wird der Haftbefehl aufgehoben und im Juli 2010 wird das Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Gentrifizierung und Prekarisierung sind heute gängige Begriffe, die wie selbstverständlich in aller Munde geführt werden:
hat hier für einen hohen individuellen Preis einmal gute Arbeit geleistet und globale Phänomene mit diesen Begriffen beschreibbar gemacht.
Mehr als die Hälfte der 1,5 Millionen Wohnungen in Berlin wurden während des Zweiten Weltkriegs zerstört. Übrig blieben 75 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt, sprich genug für die 22 Trümmerberge. Der Teufelsberg ist einer von ihnen und war lange Zeit die höchste Erhebung in Berlin. Die Arkenberge haben ihn 2015 abgelöst, denn auch ohne Krieg fallen jährlich Unmengen an Bauschutt an, da der
die wirtschaftliche Lebensdauer von Gebäuden auf etwa 50 Jahre auslegt und somit auch kein Grund besteht die technische Lebensdauer viel höher anzusetzen - ganz im Gegenteil, oftmals beträgt diese weniger als 10 Jahre.
Innerhalb von Städten kommt es zunehmend zu einer Spreizung, die viele orientierungslos und verarmt zurücklässt und Unerwünschte an die Ränder einer Stadt drängt. Ganz praktisch findet es bereits überall dort statt, wo kostenlose Sitzmöglichkeiten im öffentlichen Raum abgebaut werden und private Cafés ihre Bestuhlung nach draußen stellen - Platz nehmen nur gegen Bezahlung. Die
zerschneidet gewachsene Strukturen und sorgt zugleich für eine perfide Ordnung der Sauberkeit: Alle Reichen, Schönen, Guten, Kreativen, Engagierten, Weißen, Deutschen auf der einen Seite und alle anderen auf der anderen Seite.
Der öffentliche Raum wird weitestgehend von Männern eingenommen und gestaltet. Zugleich werden Frauen in den privaten Raum zurückgedrängt und der
setzt alles daran sie dort zu halten. Machen Sie folgende Hausaufgabe sobald Sie die Ausstellung verlassen: Zählen Sie zu unterschiedlichen Zeiten für 5 Minuten die Männer und Frauen in den Straßen, Cafés, U-Bahnen etc. Nach dem Zählen, achten sie für ein paar Minuten darauf, wer wie viel Platz einnimmt oder wer wem ausweicht. Notieren Sie sich Ihre Ergebnisse und machen Sie diese Untersuchung insgesamt zehn Mal. Besprechen Sie danach die Ergebnisse jeweils mit zwei Frauen und zwei Männern.
Die verdichtete Großstadt, wie wir sie heute kennen, gibt es seit 150 Jahren. Geprägt von Stein, Beton und Glas, die Straßen asphaltiert, wird sie im Sommer zur Herdplatte. Lüften gelingt kaum, denn die wenigsten Räume haben Fenster in zwei Richtungen und oft lassen sich Fenster gar nicht erst öffnen. Wie gut, dass es Klimaanlagen gibt! Fröhlich brummend schaufeln sie die Wärme von drinnen nach draußen, der Strom den sie brauchen, wird auch noch zu Wärme und so wärmt sich die städtische Herdplatte immer weiter auf. Immer wenn alle ihre Klimaanlage eine Stufe höher stellen, hat der
wieder eine Runde gedreht.
“Die Häuser denen, die drin wohnen.” ist ein klassischer Slogan der Hausbesetzerszene und doch beschreibt er recht akkurat den Missstand in vielen Städten: Die Wohnungen gehören nicht denen, die drin wohnen, sondern zu einem großen Teil profitgetriebenen Immobilienkonzernen, die mal mehr und mittlerweile immer weniger in öffentlicher oder genossenschaftlicher Hand sind. Die Mieter_innen sind damit ausgeschlossen von jeder Entscheidungsfindung und der
kann nur messen, dass Eigentum an Wohnungen alleiniges Entscheidungsrecht zuspricht und kaum zu etwas verpflichtet.
Früher haben sich auf dem Dorf die “lieben” Nachbar_innen, um einen gekümmert und zu jeder Tages- und Nachtzeit hinter ihren Vorhängen stehend nach dem Rechten auf der Straße geschaut. In der anonymen Großstadt gibt es weder “liebe” Nachbarn noch liebe Nachbarinnen, jede_r ist sich selbst der_die Nächste. Da ist es doch gut, dass Vater Staat einspringt und uns alle rund um die
überwacht.