Viel Energie, billig, gut speicherbar und dicht gepackt. Erdöl ist ein Paket, dem wir nicht widerstehen können. Diese perfekte Droge hat uns innerhalb von drei Generationen den technischen Fortschritt von Jahrhunderten beschert und den Planeten zum Untertan gemacht. Ein guter Trip soweit? - Eine werkzeuggestützte Bestandsaufnahme.
Der massive Einsatz von Erdöl in jeglichem menschlichen Tätigkeitsfeld lässt uns die
für wenige Augenblicke vergessen, wenn wir zum scharfen Sehen unsere Brille aufsetzen, unseren Herzen mit Schrittmachern auf die Sprünge helfen, uns Flügel für einen Langstreckenflug nach Bali wachsen oder wir mal eben mit 230 km/h zum Bäcker um die Ecke brettern. Was für einen Moment als freie Fahrt für von der Natur befreite Bürger daherkommt, zieht uns nur noch mehr in den Naturzwang hinein, denn für all das muss eine riesige, weltumspannende Infrastruktur betrieben werden, deren Folgen längst weder zu begreifen noch zu beherrschen sind.
Den eigenen ökologischen Fußabdruck radikal zu verkleinern, das versuchen einige Wenige. Doch mit der persönlichen Aufopferung und der Selbstverpflichtung zur eigenen CO2-Bilanz nach jedem Einkauf, Urlaub und Umzug ist es wie mit einem
: das Ende des Erdölzeitalters wird nicht die große Summe individuellen Verzichts sein, sondern erfordert globale, regionale und lokale politische Aushandlung und Durchsetzung der dabei erzielten Vereinbarungen.
Die
ist vielmehr die Erdöl-Faust eines neuen Zeitalters. Keine andere Ressource hat in so kurzer Zeit das menschliche Leben so gewaltig verändert - und diese Veränderung beschränkt sich nicht allein auf das erdöl-betriebene Automobil. Durch die Petrochemie wurden erstmals Unmengen an künstlichen Stoffen erzeugt, die es so zuvor nie gegeben hat: Farben, Klebstoffe, Duftstoffe, Nylonstrümpfe, Medikamente, Konservierungsmittel, Babywindeln, Folien, Matratzen, Seifen, Verpackungen, Dämmmaterialien und die Flügel von Windkraftanlagen - all das sind die Insignien der weltweiten Erdölordnung, die mit stählerner Faust durchgesetzt wird.
Gut 75 % des Primärenergieverbrauchs in Deutschland wird durch fossile Energieträger gedeckt, das heißt vor allem durch Erdöl und Erdgas. Der Gesamtenergieverbrauch von Menschen mit einem Hochschulabschluss ist um circa ein Drittel höher als von Menschen mit einem Hauptschulabschluss; quantitativ stehen hier circa 20.000 knapp 15.000 Kilowattstunden pro Jahr an Energieverbrauch (kWh/a) gegenüber. Noch deutlicher wird der Unterschied beim Energieverbrauch, wenn das verfügbare Einkommen betrachtet wird. Menschen mit weniger als 1.000 Euro im Monat verbrauchen ungefähr 10.000 kWh/a während Menschen mit 3.000 Euro im Monat doppelt soviel Energie im Jahr verbrauchen, knapp 20.000 kWh/a. Kurzum, je höher wir auf der
stehen, desto höher ist auch unser Energieverbrauch - und ja, statistisch gesehen sind die Menschen mit dem größten Umweltbewusstsein auch die größten Energieverbraucher.
Hunderte von Tankerunfälle mit einem immensen Ausmaß, 33 Großschadensfälle von Förderplattformen in den Meeren, wie die Havarie der Deepwater Horizon in 2010, die Bedrohung Trinkwasser führender Schichten durch Fracking, undichte Pipelines, die zum Beispiel im Nigerdelta ein Gebiet von circa 70.000 Quadratkilometern kontinuierlich verseuchen, und Unfälle in Raffinerien, wie zuletzt 2018 in Vohburg zeichnen eine Spur der Verwüstung mit kaum zu beziffernden Schäden für Umwelt und Mensch. Von all dem ist an der Tankstelle nichts mehr zu sehen und zu hören, denn die
stellt das Benzin für den sorgenfreien Sonntagsausflug fraglos zur Verfügung.
Prometheus gilt als Wohltäter der Menschheit, da er versucht, die wertlosen Teile eines Opfertieres seinem tyrannischen Gegenspieler Zeus unterzujubeln, um das genießbare Fleisch den Menschen zu geben. Die List fliegt jedoch auf und Zeus verwehrt daraufhin den Menschen den Besitz des Feuers. Prometheus gelingt es aber später, das Feuer für die Menschen zu stehlen und wird dafür zur Strafe an ein Gebirge gekettet. Prometheus ist somit der Erste, der in das
gesteckt wird. Als Gesellschaft bleibt ihm einzig ein Adler, der seine Leber frisst.
Ja, wir holen Jahrmillionen altes aus der Erde, zerlegen es in seine Bestandteile, machen einen Plastiklöffel aus dem einen, einen beschichteten Teller aus dem anderen, packen alles in die Plastiktüte und fahren mit dem vom Benzinmotor getriebenen Großstadtpanzer ins Grüne zum Picknick. Vielleicht auch ans Meer? Am Horizont die Containerschiffe, die noch die dickflüssigen, klebrig-schwarzen Reste unseres schönen Rohöls verheizen und im 14-Tage Rhythmus frischen Kunststoffspaß rund um den Globus fahren. Nach einer Stunde ist der Magen voll, die Packungen leer und alles wandert in den Müll. Wie machst du dich als
?
Als am Anfang des 21. Jahrhunderts unter dem Yasuní-Nationalpark in Ecuador Erdöl entdeckt wurde, schlug die Ecuadorianische Regierung vor, dass die Weltgemeinschaft 50 % der zu erwartenden Einnahmen aus der Förderung des Öls zahlen solle - im Gegenzug würde Ecuador auf die Ausbeutung des Vorkommens verzichten und so den besonders artenreichen Nationalpark schützen. Die Initiative Yasuní-ITT scheiterte, vor allem auch am Rückzug Deutschlands aus dem Projekt und inzwischen hat Ecuador die Ölförderung genehmigt. Wie der
entscheiden wir uns immer wieder für das Gold und gegen die Bewahrung der letzten Orte, die wir uns noch nicht vollends untertan gemacht haben.
Innerhalb von drei Generationen haben wir das Erdöl, das in Jahrmillionen entstand, zu einem großen Teil aus der Erde gepumpt, verarbeitet und dann verbrannt oder achtlos weggeworfen. Ein Feuerwerk unbekannter Pracht haben wir abgefackelt, Fabriken geschaffen, Berge durchbohrt, Straßen geteert und mit Autos gepflastert, Städte betoniert, Wälder gerodet und Tier- und Pflanzenarten in Größenordnungen wie nie zuvor ausgerottet. Doch auch das Erdölfeuerwerk - das größte Feuerwerk seit Menschengedenken - wird ein Ende haben, und wer meint von Knall, Feuer und beißendem Rauch nichts mitzubekommen, der lügt sich schlicht und und einfach in die Tasche - denn das
bereitet nur für einen kurzen Moment Freude und führt unendliches Leid für alle mit sich.
Trotz vielleicht anfänglicher Skepsis sind mit der Zeit viele Menschen und Nationen süchtig nach Erdöl geworden und den unendlichen Möglichkeiten, die es bietet. Dem
verbleibt heute nur noch zu messen, dass die meisten globalen Entscheidungen von Menschen getroffen werden, die so hochgradig abhängig von Erdöl sind, dass sie die Befriedigung ihrer Sucht an die erste Stelle setzen. Beschaffungskriminalität wächst sich so zu Kriegen aus, Rücksichtslosigkeit führt zum Klimawandel und von beidem sind Milliarden von Menschen betroffen, die keine Stimme hatten.
Viele leicht erreichbare Ölvorkommen sind bereits aufgebraucht, doch ein Verfahren, das feste Gesteinsschichten durch kleine Erdbeben gezielt aufbricht, um darin gespeichertes Öl und Gas zu erreichen, genannt "Fracking", katapultierte die USA wieder an die Stelle des zweitgrößten Erdölproduzenten der Welt. Leider wird nicht immer alles freigesetzte Gas und Öl abgepumpt. Manchmal gerät Gas auch ins Trinkwasser und von dort durch die Wasserleitung bis nach Hause. Und wenn das Wasser in deinem Badezimmer brennt wie im Dokumentarfilm "gasland", wenn Brunnen explodieren und du deine Nachbarn nur noch mit Gasmaske siehst, dann hast du beim
leider richtig Pech gehabt.